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Facebook–ein kalter Entzug

  • 1. August 2012
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Ihr kennt das vielleicht. Schnell mal facebook.com eingeben – checken, was die Freunde so schreiben. Blöde durch die Seite klicken. Die Games-Requests wegklicken. Statusmeldungen durchlesen, liken, weitergehen. Und das alles in der Hoffnung, bei den Einstellungen alles richtig gemacht zu haben.

Man kommt sich bei Facebook heutzutage eher wie in einem Horrorfilm vor. Man schleicht durch den Wald, weiß, wenn man was falsches macht (auf einen Ast treten…), ist man dran. Dann kommen die Zombies. und dann tritt man auf einen Ast. Peng. Schon ist ein Post draußen, den manche nicht lesen sollten, hat man mit einem falschen Foto eine urheberrechtsverletzung begangen.

Facebook wurde mir die letzten Monate immer unsympathischer. Ich werde einfach so zu Gruppen hinzugefügt, der Sinn dieser Funktion entzieht sich mir völlig.Die korrekten Einstellungen der Privatsphäre erfordern mittlerweile einen Doktortitel. Die Timeline ist zwar ganz hübsch, aber – naja, etwas inperformant. Connect with Facebook, überall. Und dort, wo man sich nicht anmelden muss, ein Like-Button. Und schon weiß FB, wo du dich rumtreibst. Auch ohne liken. Die ganze Geschichte rund um Max Schrems. Selbst das Ars Electronica Center hat dem Thema mit der Ausstellung “Außer Kontrolle” beinahe ein ganzes Stockwerk gegeben. Der Vorfall, der in mir allerdings wirklich den Gedanken zur Abkehr manifestiert hat, war das chinesische Demokratieverständnis von Facebook: Eine Abstimmung zwischen Pest und Cholera, die allerdings im Keller hinter einem Wassergraben mit angespitzten Holzpfählen versteckt war. Natürlich konnten nicht 30% der Facebook-User erreicht werden, sondern gerade mal knapp über 1%. Das wundert mich kein Stück. Sehr wohl aber, dass Zuckerberg die Bedürfnisse der User so sehr mit Füßen tritt.

2002 - Sicherheitstools werden verboten. Das Internet ist ja eine Blümchenwiese.

Ist nur Facebook das Monster? Nein, garantiert nicht. Es ist wohl schon länger bekannt, dass Nutzerdaten Gold wert sind. Richtig viel Asche, wenn man sich die jüngsten Einbrüche bei LinkedIn oder Last.fm ansieht. Twitter, Google+, Xing. Überall will man deinen echten Namen, dein Geburtstdatum, deine Handynummer, deine Emailadresse. Und überall gibt es ordentlich Werbung dazu – hin und wieder bei Werbenetzwerken, die auch schon mal den einen oder anderen Wurm beim unbedarften User platziert haben. Das Internet ist keine Blümchenwiese. Sorry, lieber CCC Zwinkerndes Smiley .

Wieso jetzt die lange Einleitung? Naja, gut, in aller Kürze: Ich werde jetzt jedes Mal, wenn ich mich aus Langeweile bei Facebook anmelden wollte, mich stattdessen bei Google+ anmelden. Ja, bei der digitalen Geisterstadt. Ich denke mir, dass Google schon lange an einer vernünftigen API bastelt und dass diese nicht mehr lange auf sich warten lässt. Ich will einfach das interessante Konzept von Google+ einmal näher kennenlernen. Ein paar Tools ausprobieren. Die Verflechtung von Latitude, Check-In, Places, Local, Maps und natürlich Suche ein bisschen durchleuchten. Die Unterschiede zum Platzhirschen illustrieren. Den Datenschutz genauer ansehen.

Viel zu tun, so wie es aussieht. Oder eigentlich ist es nicht “viel zu tun”. Ich will einfach meine Erfahrungen zum Umstieg niederschreiben. Und vielleicht darüber hinaus etwas mehr.

Wieso Google+? Es erscheint mir richtig. Die ganzen anderen Netze sind doch mehr oder weniger Kopien des Platzhirsches oder ein weißer Fleck auf der Landkarte. Oder hat sich schon einmal jemand so.cl angesehen? abgesehen davon integrieren sich die Services von Google+ viel schöner als die, die verzweifelt an Facebook dazugeflickt wurden. Ich hoffe, Google+ kann meinen Eindruck bestätigen.

So sieht mein Plan aus:

  • Private Nachrichten werde ich weiterhin senden/empfangen, weil ich das ohnehin über Pidgin mache.
  • Den News Feed werde ich auf Tweetdeck und Seesmic weiter verfolgen, aber nicht weiter aktiv kommentieren.
  • Blog Posts werden auch über FB veröffentlicht, damit ich da auch den FBlern darstellen kann, wie der “Umstieg” wirklich verläuft.
  • Seesmic auf dem Handy lass ich auch noch drauf, aber nur zum lurkern. Nix aktives mehr auf FB.

Ich habe mir auch überlegt, das Konto zu deaktivieren, allerdings hängen da ein paar Pages dran. Also wirds jetzt wohl erst mal ein weicher Entzug. Dennoch, die Erfahrung wird sicher interessant.