Die Hochzeit ist vorüber, die Turbulenzen legen sich langsam (langweilig wirds sowieso nie) und jetzt komme ich einmal dazu, meinen Blog etwas zu pflegen. Sicher, es gibt auch andere Websites auf der Domain, aber jetzt ist einmal der Blog dran.

Amüsiert musste ich in der Liste der Entwürfe (die ich 2011-2012 noch mit großem Eifer erstellt habe) diesen Blogbeitrag finden. Da sind interessante Entwürfe, 1-2 outdated Entwürfe (ich meine, wen interessiert jetzt noch die VDS? Mittlerweile sind wir in der Eskalationsstufe etwas weiter oben…) und eben genau dieser Beitrag.

alles-in-die-cloud

Der Anblick dieses Beitrags hat mich amüsiert – und ein klein wenig schockiert, der Grund ist der gleiche. Ich weiß ganz genau, was ich schreiben wollte, warum ich es schreiben wollte – und im Hinblick auf heute, was sich in meiner Einstellung geändert hat.

Die Ausgangssituation

Vielleicht einmal kurz die Absicht meines Blogbeitrags vor vier Jahren. Vor vier Jahren war mein Desktop-PC relativ neu, das Notebook war ebenfalls noch ganz frisch. Mein Heimnetzwerk bestand noch aus "recycleten" Komponenten, bis auf 1-2 PCs waren gerade mal die Handies im WLAN – Tablet war noch keines da. Ich hatte diverse Cloud-Accounts (Google, Dropbox, Hotmail, Box, …), aber ich habe kaum ein Angebot wirklich genutzt. Fotos vom Handy wurden über das Kabel auf meinem Rechner gespeichert, Musik kam von der Festplatte, Filme vom Fernseher, bestenfalls aus der A1-Box.

Ich wollte mich outen. Ich wollte mich als Cloud-Verweigerer outen. Ich, der normalerweise in der Schlange der bleeding-edge-Technologien weit vorne steht. Die Ablehnung hatte mehrere Gründe.

  • Synchronisierungsstrategie: Die meisten Clients konnten, oder können immer noch keine Synchronisierung manuell anstoßen. Also, wann kann ich meinen Rechner herunterfahren? Wann sind die Dateien in der Cloud? In welchen Abständen wird versucht, eine fehlerhafte Datei neu zu synchronisieren?
  • Speicherplatz: Sicher, es ging nur um 5 GB, aber: Wenn ich auf einem Rechner viel hochlade, wie verhindere ich, dass die Festplatte auf dem Rechner B komplett befüllt wird?
  • Handy-Apps: Wie siehts mit dem Speicherplatz aus? Wie siehts mit dem Zusammenspiel mit anderen Apps auf dem Gerät aus? Wie siehts mit dem Datentarif aus?
  • Politikum: Vielen Dank, Edward Snowden. Damals war das ganze PRISM-Zeug ja noch nicht draußen, aber jeder, der sich halbwegs anständig mit der Materie beschäftigt hatte, hatte schon eine Ahnung. Snowden hatte aus Verschwörungstherien die pure Wahrheit gemacht. Und auch hier gilt wieder einmal "Ich habe nichts zu verbergen" ist kein gültiges Argument. Aus "schnell mal eine Datei hochladen" wird dann "vertrauliche Firmendokumente schnell mal hochladen – lösch ich eh gleich wieder". Finde den Fehler.
  • Inkompatibilitäten: Kalendersynchronisierung mit dem Google Calendar funktioniert gut, CalDAV und CardDAV wird zur tollen Trickserei – obwohl diese zumindest offene Standard wären.
  • Spezialdienste: Wunderlist, lastpass, Evernote sind alles – soweit ich sie kenne – tolle Dienste. Tolle Dienste, die untereinander inkompatibel sind, deren Funktionsweise intransparent ist (besonders bei beispielsweise Lastpass relevant) und deren Datenexport nicht sicher bzw womöglich zwar möglich, jedoch nicht praktikabel ist.
  • Musik: Spotify, und andere Streamingdienste haben ein großes Problem: Die Verfügbarkeit. Ich zahle 10€ für die Bibliothek von Spotify, die sich jedoch stetig ändert. Wenn Sachen hinzugefügt werden, ist es erfreulich; wenn allerdings Musik gelöscht wird und dann die Playlist nur ein drei Einträge zeigt, ist es ärgerlich. Noch ärgerlicher ist es, wenn irgendwelche Studioaufnahmen durch Liveaufnahmen erstzt werden, da die Studioaufnahmen von Spotify gelöscht wurden und befunden wurde, dass die Liveaufnahmen eine Alternative darstellen. Sicher, das ist besser als nichts, aber ich halte das für keine Alternative; Labels schalten und walten, wie sie wollen.
  • Offline-Verfügbarkeit: Bei einem Cloudspeicher muss ich explizit anwählen, dass ich eine Datei offline verfügbar machen will. Wenn ich die Datei im Vorhinein auf einen Stick oder auf das Handy kopiere, ist sie sicher verfügbar. 

Anyway. Einige Dinge sind noch durchaus valide, allerdings habe ich kurzzeitig Google Drive, Google Calendar und diverse andere Cloud services verwendet. Die Verwendung dieser Services war einfach _angenehm_. Mobilfunker boten vernünftige Datentarife an, die Handys wurden intelligenter und bekamen größere integrierte Speicher – selbst wenn der nicht ausreicht, kann man mittlerweile gut große SD-Karten nachrüsten. Die ganze Geschichte rund um Snowden und diverse Datendiebstähle ließen natürlich am System zweifeln. Bis ich dann langsam angefangen habe, mir meine Daten zurück zu holen. Zum Glück kam mir da mein Webspaceanbieter sehr entgegen – der Speicherplatz wurde ordentlich aufgestockt und das monatlich beschränkte Volumen wurde durch eine Flat ersetzt. Somit konnte ich self-hosted Services einmal ernsthaft ausprobieren. So habe ich mich durch diverse Services probiert, Alternativen zu den allseits bekannten Cloud Services wie Dropbox, Facebook, Twitter, Google Calendar, usw.

Status Quo

Nun wie sieht es heute aus? Ich verwende Cloud services mit Bedacht – aber häufiger. Als Onlinespeicher verwende ich mittlerweile ausschließlich self-hosted Owncloud, allerdings immer noch Google für Kalender und Adressen, obwohl Owncloud eine vernünftige CalDAV- und CardDAV-Anbindung hätten.

Gewisse self-hosted Angebote sind ganz gut (GNUSocial), aber oft scheitert es an der Smartphone-App-Verfügbarkeit. Andere Angebote sind völlig unausgegoren und können nicht annähernd bieten, was etablierte Services bieten.

Zumindest für Cloud-Speicher habe ich für mich einen gangbaren Weg gefunden. ich weiß, _was_ ich in der Cloud speichere, ich weiß, was ich garantiert _nie_ in der Cloud speichern werde. Ich weiß, wie ich meine Accounts sichere, ich weiß, welche Auccounts mit welchen anderen Accounts verknüpft sind (Stichwort: "Login with Facebook").

Und bei den sozialen Netzwerken ist es immer noch das altbekannte Problem: Jeder schimpft über Facebook, aber solange die ganzen Freunde dort sind, wird sich nichts ändern. Es gibt für so gut wie jeden Service da draußen eine self-hostet Alternative, aber solange sie niemand nutzt, wird sich der User nie emanzipieren und ein relevantes Gegengewicht darstellen.

Sich dessen bewusst zu sein, gehört ebenfalls zur Medienkompetenz. Man muss nicht jeden Service selber hosten. Man muss sich nur bewusst sein, wo seine Daten liegen, wie sie gespeichert werden und wie sie ggf. von diesem Dienst selbst weiter verarbeitet werden.