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Der Vorarlberger Riebl

  • 25. Januar 2012
  • 3

Eine eigenartige Headline. Eigenartig? Ja, weil mir keine passende Überleitung dazu einfällt. Gerade am Samstag in der Früh habe ich meiner Freundin ein Frühstück gemacht – auf Vorarlberger Art: Nämlich Riebl. Riebl, Riebel, Stopfer, Ribl, Ribel oder Pflutta bezeichnet alles das selbe – je nach persönlicher Vorliebe kann das Gericht natürlich während der Zubereitung verändert werden.

Ein Riebl ist ein uraltes Gericht und Abarten sind auch unter anderen Namen in anderen Regionen zu finden. Der Riebel ist hauptsächlich im alemannischen Raum zu finden, besonders in der Schweiz und in Vorarlberg. Betrachtet man die Zutaten, wird man schnell schließen, dass der klassische Riebl ein arme-Leute-Essen ist, das früher oft als Frühstück gemacht wurde. Seit einigen Jahren kommt der Riebel aber zunehmend in die Gastronomie und damit auch in die gehobene Küche – auch hier hat jeder Koch seine ganz eigene Vorstellung vom Riebl.
Wie man einen Riebl macht, habe ich von meiner Mutter, die es ihrerseits von meiner Oma gelernt hat. Als Steirerin hat meine Mutter selbstverständlich einen anderen Zugang zum Riebl, weshalb ich hier schon einmal zwei Varianten probieren durfte. Ich bin mit Riebl aufgewachsen. Jedes Mal, wenn ich mitbekommen habe, dass es bei Oma einen Riebl gibt, gabs bei mir zwei Abendessen. Ich liebe Riebl und wollte immer wissen, wie er gemacht wird. Als es dann ab nach Oberösterreich ging, war für mich klar, dass ich ein Stück Vorarlberger Heimat mit nach Hagenberg nehmen musste. Die ersten Wochen in Hagenberg wurden noch durch ein Care-Paket mit Käse, Speck und einem Subira-Schnaps gefüllt, über den Riebl habe ich mich zu diesem Zeitpunkt noch nicht drüber getraut.

Mit der Zeit aber haben sich meine Kochskills verbessert und so habe ich vor ca. 3 Jahren den ersten Riebl selbstgemacht. Pfanne zu heiß, zu ungeduldig – Experiment musste abgebrochen werden, hat aber trotzdem ausgezeichnet geschmeckt (warum auch immer).

Ich habe dann immer öfter einen Riebl gemacht und er wurde mit der Zeit immer besser. Mein Gefühl für Riebl wurde immer besser und so kann ich jetzt einen Riebl ohne weiteres aus dem Ärmel zaubern.

Wie geht der Riebl denn nun?

Ein Riebl ist ganz schnell gemacht. Man benötigt dafür (4 Portionen):

  • 500ml Milch
  • 300g Rieblgrieß – meine Oma macht Riebl auch mit normalem Grieß, ich habe aber noch keine Erfahrungen damit gemacht. Rieblgrieß unterscheidet sich von normalem Grieß allein in dem Aspekt, dass einige Inhaltsstoffe, die bei der Verarbeitung von Grieß stören würden, im Grieß belassen werden. So ist der Rieblgrieß gehaltvoller als der normale Grieß, und unterscheidet sich natürlich geschmacklich etwas.
  • 100g Butterschmalz – klingt wie DER Hammer schlechthin, ist aber problemlos durch Margarine ersetzbar.
  • Eine Prise Salz.

Als Instrument der Wahl dient eine Pfanne, in der bedenkenlos mit einem Kochlöffel gekratzt und gestochert werden kann. Zunächst einmal wird bei mittelgroßer Pfanne der trockene Grieß ohne Zusätze in der Pfanne geröstet. Hier sollte man schon aufpassen, der Grieß sollte Farbe bekommen – aber nicht schwarz werden. Ständig umdrehen und genau hinschauen ist da von Vorteil. Ich mache bewusst keine Zeitangaben, weil sich die dann höchstwahrscheinlich mit dem Ergebnis beißen, und so muss man den Riebl wohl oder übel auf Gefühl kochen. Der Riebl an sich verzeiht aber viel und ist sehr robust, also kann man das ohne irgendwelche Berürhungsängste angehen.

Wenn man das Gefühl hat, der Grieß hat etwas Farbe bekommen, dann kann man die Milch mit dem Salz aufgießen. Gerade zu diesem Zeitpunkt sollte man darauf achten, dass es eine gleichmäßige Masse wird, nicht dass es dann später ein paar trockene Spots gibt.

Ab jetzt sollte man ständig umdrehen und die homogene Masse ständig durchstehen, damit es dann später "handliche" Grießklumpen gibt. Der Teil jetzt dauert wahrscheinlich am längsten. Wie gesagt, jetzt muss man durch ständiges Umdrehen und Stochern die Masse in kleine Mundfertige Klumpen bringen. Hin und wieder kommt dann immer wieder ein Teil von der Butter dazu, damit das Ganze Farbe bekommt und geschmeidiger wird. Meine Oma macht ihn immer etwas t

rockener, lässt ihn länger am Herd stehen, während meine Mutter in eher saftiger macht – meine persönliche Vorliebe.

Hat man die Masse soweit fertig, kann noch einmal nachgesalzen werden, je nach dem, wie das Endergebnis schmeckt und was man dann dazu essen will.

Traditionell wird zum Riebl kein Teller pro Mitesser auf den Tisch gestellt, sondern einfach nur die Pfanne und je nach Vorliebe ein Kaffeehäferl oder ein sonstiges Getränk nach Wahl. Alle essen dann direkt aus der Pfanne und tauchen dann den vollen Löffel in den Kaffee ein – oder auch nicht, wie gewünscht.

Wer es nicht ganz so nach Tradition machen will, der stellt die Pfanne auf samt Beilagen auf den Tisch – hier kann man noch einmal seine Kreativität unter Beweis stellen. Neben Zucker oder Milch kann man es auch mit Zimt, Kakao, Apfelmus, Kirschen oder sonstigen Beilagen versuchen – alles was schmeckt, ist erlaubt.

Wieso ich das jetzt aufschreibe? Für mich ist Rieblkochen eine meditative Tätigkeit. Wenn ich anfange, eine Riebl zu kochen, dann kann ich in Ruhe nachdenken – und soviel ungedachtes liegt noch unbearbeitet in meinem Oberstübchen. Ein Riebl ist besser als meditative Musik. Das schöne ist, man sieht sein Werk wachsen. Wenig ist nötig, viele Haushalte haben es und es wird zu so einem wunderschönen und schmackhaften Endergebnis. Ein Riebl entschleunigt das Frühstück um ein Stück. Wo man früher schnell-schnell Cornflakes oder ein Brot gegessen hat, braucht der Riebl nunmal Zeit. Am Samstag oder Sonntag ist sowas Gold wert und wahlweise kann man dann auch nahtlos ins Mittagessen übergehen.

Manchen meiner Freunde ist der Riebl zu trocken. Wer es probieren mag, soll es doch einfach einmal ausprobieren – und vielleicht findet man ja nach dem ersten Probieren Geschmack daran und seine ganz persönliche Lieblingsrieblvariante.